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Liebe Leserinnen und Leser,

unser IKKI-Newsletter zum April liefert Ihnen einen ausführlichen Bericht zum EMI-Forum mit dem Titel „AI for Evil – die dunklen Seiten der Künstlichen Intelligenz”. Außerdem berichten wir von der diesjährigen Industrie 4.0 Spring School.


Industrie-4.0 Spring School: Autonomous Factory

Die Industrie 4.0 Spring School der Fakultät EMI fand bei SIEMENS Amberg und an der OTH Amberg-Weiden im Digitalen Campus in Amberg statt.
In diesem Jahr stand das Thema "Autonomous Factory" im Fokus.
Diesmal war auch der Teilnehmerkreis ein anderer: Erstmals waren 20 Studierende des neuen englischsprachigen Masterstudiengangs „Artificial Intelligence for Industrial Applications“ (MAI) der durchführenden Fakultät Elektrotechnik, Medien und Informatik (EMI) dabei, außerdem wieder Studierende der Shanghai Normal Universität (上海师范大学 - online und in Präsenz) sowie – ebenfalls erstmals – online Studierende aus Brasilien vom neuen Partner INATEL (Instituto Nacional de Telecomunicações in Santa Santa Rita do Sapucaí, Bundestaat Minas Gerais).

Organisiert wurde die Veranstaltung von den Professoren Hans-Peter Schmidt, Ulrich Schäfer, Michael Wiehl und Christian Bergler, bei Siemens von Ralf Kögel und Christina Wolf im „Open Innovation Lab“ im Besucherzentrum THE IMPULSE, ebenso wie IGZ GmbH Falkenberg, das durch Corinna Mark und Sebastian Löw vertreten war.

Nach der Eröffnung durch die neue Leiterin des Siemens Besucherzentrums, Julia Haberland, und Dekan Prof. Dr. Ulrich Schäfer bildete der Vortrag von Prof. Dr. Hans-Peter Schmidt den Auftakt: Autonomous Factory, Vision or Future?


Nach einer Tour durch „Autonomous production with real world examples“ im SIEMENS -Besucherzentrum THE IMPULSE sowie einer Führung durch die Produktion im Gerätewerk Amberg mit Ralf Kögel berichtet Sebastian Löw vom SAP-Spezialisten IGZ GmbH aus Falkenberg über selbst entwickelte industrielle Bilderkennungsverfahren in der Logistik.

Prof. Dr. Christian Bergler trug anschließend vor zum Thema „From pixels to deeper insights: Artificial Intelligence has an eye on industrial applications“. Es folgten Einführungen von Prof. Dr. Michael Wiehl zu „Automation with NodeRED“ sowie Prof. Dr. Ulrich Schäfer zu „IoT and sensor data communication with MQTT“, sodass wichtige Bausteine für die autonome Fabrik außer am praktischen Umfeld bei Siemens und IGZ auch mit ihren zugrunde liegenden Technologien beleuchtet wurden.

Am zweiten Tag standen nach Besichtigung der Digitalen Modellfabrik im Digitalen Campus der OTH sowie des PROFINET Test- und Zertifizierungslabors von Prof. Schmidt praktische Vertiefungen mit Workshops im IKKI auf dem Programm.

Alles in allem war diese Spring School ein voller Erfolg, mit internationaler Begegnung, Spaß und vielen lehrreichen, stark interdisziplinären Elementen. Eine Fortsetzung in 2025 wird es daher mit Sicherheit geben!


 

Prof. Dr. Loebenberger: Fake News und Desinformation

Nach einer Begrüßung durch den Präsidenten Prof. Dr. Bulitta sowie den Dekan der Fakultät EMI Prof. Dr. Schäfer startete Prof. Dr. Loebenberger mit dem ersten Vortrag.

Darin gab er zunächst einen Überblick über die Geschichte der Künstlichen Intelligenz. Denn bereits vor über 60 Jahren erhoffte man sich, mit Maschinen menschliches Verhalten imitieren zu können. Er ging auf Meilensteine der KI-Geschichte, wie den Chatbot Eliza, den Schachcomputer Deep Blue sowie AlphaGO und natürlich ChatGPT ein. Zwischen all diesen Meilensteinen gab es jedoch auch sogenannte KI „Winter”. Damit sind Phasen gemeint, in denen mangels Forschungsgeldern kaum Forschung stattfand, und so auch keine Fortschritte entstanden sind.

Der Fokus von Prof. Loebenbergers Vortrag waren dann die Gefahren durch KI Fakes, die inzwischen alle Datenmodalitäten betreffen. Mittels Generative Adversarial Networks lassen sich bereits seit Längerem täuschend echte Fotos generieren, die Menschen zeigen, welche nicht existieren. Dies kann man eindrücklich bei thispersondoesnotexist.com erleben.
ChatGPT ist Ihnen sicher ein Begriff. Gefährlich werden kann dies, wenn es für die Erstellung von beispielsweise Phishing-Mails verwendet wird.

Und auch bei Videos und Audioaufnahmen gab es in den letzten Jahren deutliche Fortschritte. So können unter anderem Stimmen geklont werden und so zum Beispiel Olaf Scholz beliebige Worte in den Mund gelegt werden.

Diese Entwicklungen sind selbstverständlich sozioökonomischer Zündstoff. Filterblasen und gezielte Fake News senken unweigerlich das Vertrauen in die Medien. Doch ganz hoffnungslos ist die Sache nicht.
Kryptographische Verfahren, wie das Watermarking (Wasserzeichen), können helfen, die Echtheit von Medien überprüfbar zu garantieren und sind aktueller Gegenstand der Forschung.


 

Stefan-Lukas Gazdag: Massenüberwachung und Gegenmaßnahmen

Weiter ging es mit dem Vortrag von Hr. Gazdag. Dieser erklärte, er habe für seine Anreise Google Maps verwendet. Diese App beherrscht nicht nur klassische Navigation, sondern kann einen darüber hinaus auch mit Live-Informationen bzgl. Staus versorgen.

Damit dieser und viele weiter heutzutage gerne verwendeten Services funktionieren, ist eine gewisse Form von Überwachung notwendig.
Dies geschieht häufig freiwillig. So gibt man im Austausch für Vergünstigungen oder Boni mittels Payback und Supermarkt-Apps viele wichtige Informationen preis. Denn aus dem Einkaufsverhalten lassen sich mit Machine Learning schnell Vorhersagen treffen über unter anderem das Konsumverhalten, die finanzielle und auch persönliche Situation. Aber auch die Lokalisierung und Bewegungsprofile werden so möglich.

Ein häufig genanntes dystopisches Beispiel ist das Social Credit System aus China. Wird unerwünschtes Verhalten vom System detektiert, wird der Social score verschlechtert. Ist dieser zu niedrig, können gewisse Geschäfte nicht mehr betreten werden, der ÖPNV darf nicht mehr verwendet werden, etc.

Hr. Gazdag machte auch darauf aufmerksam, dass die NSA in der Wüste der USA einen Massenspeicher gebaut hat, der mutmaßlich eine Kapazität besitzt, mit der umgerechnet für jeden Menschen weltweit 140 GB Speicher vorhanden wären.
Themen wie die viel diskutierte Vorratsdatenspeicherung sind auch unter dem Gesichtspunkt des techn. Fortschritts relevant. Denn heutzutage ist absolut unklar, was man in 5-10 Jahren mit diesen Daten (und KI) anstellen kann.

Mit dieser Motivation ging der Referent auch auf die Probleme ein, die das datenbasierte Lernen der KI hat: Sie erlernt Vorurteile, die in den Daten aufgezeichnet sind und repliziert diese („Bias”). Außerdem ist häufig unklar, wo die Grenzen eines Systems liegen. Und KI lernt aktuell immer korrelationsbasiert. Das heißt, es werden keine kausalen Zusammenhänge gelernt, sondern nur statistische Korrelationen.

Was empfiehlt der Experte also? Datensparsam agieren. Dabei können Tools wie duckduckgo, der Messenger Signal oder der Terminplaner nuudel helfen. Außerdem ist es wichtig, das Bewusstsein für die Situation zu erlangen und mit Regulationen und ethischen Werten die technische Entwicklung zu steuern.


 

Prof. Dr. Peterhänsel: Smile to Vote: KI, Biometrie und Demokratie

Den Abschluss machte Prof. Dr. Peterhänsel, der seinen Vortrag perfekt durch seine Vorredner motiviert fand. Er selbst forscht an der Schnittstelle von Wirtschaftsinformatik und Medienkunst und hat im Zuge dessen Smile to Vote entwickelt.

Die Idee begründete sich u.a. in der breiten Akzeptanz von Geischtserkennungsalgorithmen. So ist Apple Face ID eine beliebte Art, um sein Handy zu entsperren. Vom chinesischen Unternehmen Alibaba gibt es sogar ein „Smile to Pay” System. Der Bezahlungsvorgang wird dabei abgeschlossen, indem sich der Kunde mit einem Lächeln in die Kamera identifiziert. Man tauscht also seine Daten gegen Bequemlichkeit ein.

Interessant sind diese Vorgänge auch aus der Sicht der digitalen Psychometrie. So gab es vor einigen Jahren eine Forschungsarbeit, in der es den Autoren gelang, eine KI zu trainieren, die anhand eines Gesichtsfotos die sexuelle Orientierung bestimmt. Und das mit einer Genauigkeit, die ein Mensch vermutlich nie erreichen würde.

Auch das ist ein Beispiel dafür, dass man heute noch nicht wissen kann, was in Zukunft mit jetzt gesammelten Daten möglich ist.
Das ist auch zu berücksichtigen hinsichtlich micro targeting und politischen Datenanalysen.
In diesem Zusammenhang ging vor einigen Jahren der Fall Cambridge Analytica durch die Medien. Das Unternehmen konnte durch die Analyse von Social Media Daten gezielt Inhalte schalten, um Wahlen zu beeinflussen.

Mittels KI lassen sich Zusammenhänge oft auch dort erkennen, wo man sie nicht erwartet. So kann man aus den Mausbewegungen am Computer nicht nur auf den Benutzer schließen, sondern sogar seinen Gemütszustand.

Inspiriert von diesen Entwicklungen startete Prof. Peterhänsel das Forschungsprojekt Smile to Vote. Dabei wird in einer Wahlkabine mittels digitaler Psychometrie, also den Gesichtszügen, die politische Einstellung ermittelt und die Stimme für diese Partei auch sofort abgegeben. Smile to Vote wird hier in einem Video vorgestellt.


Abschließend tauschten sich Referenten und Gäste noch bei einem geselligen Zusammensein aus.


Vielen Dank für’s Lesen!