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Beiträge unserer „Zugvögel“

Indische Hochzeit

Der geschmückte Schimmel
Der geschmückte Schimmel

Servus,

nach einiger Zeit gibt es von mir wieder einen Blogeintrag. In den letzten Wochen ist einiges passiert: Projektänderungen in meinem Praktikum, eine Hochzeit, Weihnachten und ein neues Jahr haben wir auch noch. Wenn wir schon dabei sind, wünsche ich euch allen einen guten Start ins neue Jahr und viel Erfolg in 2018. Aber kommen wir jetzt zu meinen Erlebnissen.

Der geschmückte Schimmel
Der geschmückte Schimmel

In Sachen Praktikum läuft es nicht ganz so gut. Ich musste leider mein Hauptprojekt kurzfristig ändern, da mir bereits versprochene Daten, die ich gebraucht hätte, nicht geliefert wurden. Ich hätte Daten eines Windparks hier in der Umgebung gebraucht und hatte dies auch persönlich mit Mitarbeitern der Firma besprochen. Die Daten wurden mir zugesagt. Aber nach über einem Monat des Wartens musste ich die Reißleine ziehen, weil die Zeit hier sich auch langsam aber sicher dem Ende zuneigt. Jetzt wird der Januar zeigen, wie es mit meinem neuen Projekt läuft. Aber nun wieder mehr zu den kulturellen Erlebnissen.

Anfang Dezember wurde mir die Ehre zuteil, auf eine Hochzeit eingeladen zu sein. Diese fand im ländlichen Gebiet außerhalb von Jaipur statt. Gleich vorab, es war eine arrangierte Ehe, was hier etwas ganz Normales ist. Ich glaube, mit fast 90% ist das immer noch das vorherrschende Modell in Indien. Ich habe mir dazu viel erklären lassen, was für diesen Blog etwas zu ausschweifend wäre. Aber so viel: Zwischen zwei Ehepartnern muss so viel übereinstimmen, von Gehalt bis zum richtigen Horoskop, dass es auf „normalem“ Weg gar nicht so einfach wäre jemand passenden zu finden.

Die Feierlichkeiten gingen 2 Tage. Am ersten Tag wurde im Haus des Bräutigams gefeiert. Es kamen über den Tag verteilt ca. 2000 Gäste, die alle mit Poori Sabji und Süßigkeiten verköstigt wurden. Da ich ein Freund der Familie des Bräutigams bin und auch Wirtshauserfahrung habe, half ich diesen Tag beim Bewirten.  Abends wurde es dann etwas kühl, da man nur barfuß bedienen durfte. Nahezu jeder war bei dieser Feier anwesend, nur eine wichtige Person fehlte: Die Braut.

Diese sollte ich erst am zweiten Tag kennenlernen. Der Bräutigam zog nun aus, auf einem weißen Schimmel, um seine Braut zu holen. Begleitet wurde er von seiner Familie inkl. mir und einem Lautsprechertruck, der ganz schlimme Technomusik spielte. Die Musik war so laut, dass sie über Kilometer zu hören war. Da die Braut 40 km entfernt wohnte, sind wir erst mit Bussen gefahren und den letzten Kilometer wie von mir oben beschrieben. Der Bräutigam hat auf seinem Pferd gesessen und das „Fußvolk“ hat zur Musik getanzt. Nach ca. 2 Stunden sind wir dann beim Haus der Braut angekommen. Dort wurden dann die Heiratsrituale abgehalten. Alles war geschmückt, ein riesiges Zelt mit Springbrunnen war aufgestellt und es gab eine unfassbare Anzahl an verschiedenen Snacks und Gerichten. Es war eine wirklich imposante Feier, die Unmengen gekostet haben muss. Für die verhältnismäßig armen Leute ist diese Feier eine sehr große Investition, aber auch unfassbar wichtig, um ihren (vielleicht gar nicht vorhandenen) Reichtum nach außen zu zeigen. Das Fest beeindruckte mich wirklich und war eine wirklich schöne Feier. Ich ging trotzdem auch mit einem nachdenklichen Gefühl nach Hause. Es sind die Kosten, vor allem für die Brautfamilie, die zusätzlich noch Geschenke wie ein Motorrad stiftete oder stiften musste. Auch dass die Braut fast immer zur Bräutigams Familie zieht (ohne diese richtig zu kennen), stimmte mich nachdenklich. Wirklich glücklich sah die Braut am Tag nach der Hochzeit aus meiner Sicht nicht aus. Ich hatte nur einmal die Chance, sie persönlich zu treffen. Sie saß schweigend auf dem Fußboden, umringt von ihren neuen Familienmitgliedern und hatte den Schleier tief ins Gesicht gezogen. Die Antwort auf meine Frage, warum sie diesen trägt, war, dass sie damit den Respekt gegenüber den älteren Männern zeigen will. Dies sorgte auch nicht für ein besseres Gefühl bei mir. Es sind hier viele Tradition tief verankert, die sich einem Europäer nicht ergründen. Und wieder zeigt sich, dass Indien ein Land der Extreme ist, in dem Gutes und Schlechtes nahe beieinander liegt.

Mit dem Bericht über die Hochzeit will ich meinen Blogeintrag nun schließen. Die Hochzeitsfeier war schön und man darf zum Schluss natürlich nicht vergessen, dass ich die Gefühle der Leute nicht kenne und deshalb nur meinen Eindruck beschreiben kann. 

Ich wünsche euch wie immer eine gute Zeit und ihr werdet auf jeden Fall nochmal von mir hören.

Auf bald.
Justin Herdegen 

Auf dem Weg zur Braut
Auf dem Weg zur Braut
Teil der Zeremonie
Teil der Zeremonie
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