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Beiträge unserer „Zugvögel“

Mit Technik ohne Grenzen nach Gambia

Entwicklungszusammenarbeit in Gambia

In den Semesterferien nach meinem praktischen Studiensemester habe ich im Rahmen eines Entwicklungszusammenarbeitsprojekts drei Wochen in Gambia verbracht. Zwei der drei Wochen lebte ich im Hinterland bei einer Stammesfamilie.

Seit eineinhalb Jahren bin ich Mitglied bei dem an der Hochschule ansässigen Verein Technik ohne Grenzen (TeoG), welcher  im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit tätig ist. Mein Projektteam hat im Frühjahr dieses Jahres in Gambia an zwei Berufsschulen, die von Amberger Verein Socialis for the Gambia betrieben werden, zwei Toilettenhäuser gebaut. Gambia ist das kleinste afrikanische Land und gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. In diesem Bericht will ich euch meinen Eindruck von Land und Leuten näherbringen und nicht auf die technische Ausführung des Projekts eingehen, da ihr diese bei Interesse im Bericht auf der TeoG-Website unter RG-Amberg nachlesen könnt.

Ankunft

Mitte Februar ging es im dreiköpfigen Team von Frankfurt am Main mit Zwischenstopp in Casablanca nach Banjul, in die gambische Hauptstadt. Nachts wurden wir am Flughafen von einem afrikanischen Mitarbeiter der Socialis abgeholt. Die ersten Tage kamen wir im Praktikantenhaus, das sich auf dem Gelände der Berufsschule in Burfut befindet, unter. Ziemlich schnell fühlten wir uns dort wohl, nicht zuletzt, da im Garten Bananen und Mangos wuchsen und der Atlantischen Ozean zu Fuß erreichbar war. In der Ankunftsnacht hatte ich gleich eine erschreckende Begegnung mit der einheimischen Tierwelt. Nach fast 20-stündiger Anreise wollte ich eigentlich nur noch ins Badezimmer und dann ins Bett, als ich in der Toilette einen rötlichen Frosch fand. Ab da war ich wieder hellwach.

Burfut - Stadt an der Küste

Die Mehrheit der gambischen Bevölkerung lebt in der Küstenregion, hier ist das Klima durch den Ozean angenehm warm und das Leben ist westlich geprägt. Das Praktikantenhaus in Burfut, in dem wir untergebracht waren, befindet sich ebenfalls in der Küstenregion.In unserer Straße herrschte immer buntes Treiben. Dort gibt es zahlreiche kleine Geschäfte und Straßenverkaufsstände, es werden Lebensmittel aber auch Handwerksstücke angeboten. Sobald wir Weißen, die Toubabou, auftauchten, waren wir die Hauptattraktion. Kinder wollten unsere Hände schütteln, die Erwachsenen fragten uns nach dem Befinden und wollten wissen, wo wir herkommen. Häufig hörte man die Kleinen Toubab rufen, aber wir konnten die Kids gar nicht sehen. Die ersten zwei Wochen fanden wir das noch ziemlich cool und fühlten uns wie die Royals. In der dritten Woche waren wir dann schon eher genervt, da man nicht mal kurz was besorgen konnte, ohne dass man im Zentrum der Aufmerksamkeit stand. Leider wurden wir auch häufig angebettelt.

Sintet - Dorf im Busch

Dem Großteil unseres Aufenthalts in Gambia verbrachten wir in Sintet. Einem Ort, der etwa zwei Stunden mit dem Auto von Burfut entfernt im gambischen Hinterland liegt. Dort wohnten wir bei der Familie des Betreuers der Berufsschule, an der wir eine Trockene Toilette bauen sollten. In Gambia leben die Großfamilien zusammen in sogenannten Compounds, einem Zusammenschluss, der meist aus mehreren kleinen Häusern besteht. Die Region, in der wir tätig waren, gehört zum Stammesgebiet der Fula. Die Fula sind ein Hirtenstamm und halten auch heute noch viele Tiere wie Rinder, Esel, Ziegen, Schafe und Hühner, welche frei im ganzen Dorf herumlaufen. Es kann auch des Öfteren vor, dass eine der frechen Ziegen ins Wohnzimmer schaute.

Hier im Hinterland hatte ich das Gefühl, dass zwei Welten aufeinandertreffen. Zum einen haben die Menschen hier kein fließendes Wasser in den Häusern und kochen auf Lagerfeuern, zum anderen haben sie Smartphones und Satellitenfernsehen.

Unsere Unterkunft in einem gemauerten Haus mit Wellblechdach bestand aus einem Schlafzimmer, einem Wohnzimmer und einem Badezimmer. Das Badezimmer, welches openair war, unterschied sich am meisten von unseren westlichen Standards. Die Toilette bestand im wesentlichem aus einem Loch im Boden, Toilettenpapier haben wir uns mitgebracht und geduscht wurde mit einem Eimer Wasser. Nach einem Tag bei Temperaturen in der Sonne bis zu 55 Grad Celsius war die Dusche dennoch immer eine Wohltat. Mit der Toilette konnte ich mich weniger anfreunden. Sie war jedoch für unseren Aufenthalt von zwei Wochen zweckmäßig.

In Sintet waren wir bald nicht mehr die Toubabou, sondern wir wurden bei unseren Namen gerufen. Uns wurden auch einige Wörter und Sätze in der Stammessprache der Fula gelehrt, worüber sich die Dorfbewohner sehr freuten. Im Allgemeinen waren die Dorfbewohner extrem gastfreundlich. Immer wenn wir zur Essenzeit an essenden Leuten vorbeikamen, bekamen wir eine Essenseinladung.

Essen

In Gambia gilt Reis als absolutes Hauptnahrungsmittel, zu fast jeder Mahlzeit gibt es ihn. Er wird mit verschiedenen Soßen und gelegentlich mit Fisch, Gemüse und seltener mit Fleisch serviert. Gegessen wird traditionell gemeinsam aus einer großen Schüssel mit den Fingern der rechten Hand. Wir aßen in der Regel nicht mit der Hand, sondern mit Suppenlöffeln, was mittlerweile auch viele Gambier machen. Ein weiter wichtiges Nahrungsmittel ist Tapalapa, ein Brot, das geschmacklich und optisch an ein schmales Baguette erinnert. Es kann lokal bei jedem kleinen Geschäft gekauft werden und belegt mit Dosenfisch, Nudeln mit Soße oder Bohnen dient es als lunch to go. Was mir persönlich und auch den Kindern in unserer Straße in Burfut besonders gut geschmeckt hat, war Soow, ein senegalesischer Snack aus Joghurt, Weizengrieß und Zucker. Mein Favorit beim Gemüse war Cassava, ein Wurzelgemüse, das geschmacklich an Kartoffel erinnert. Es gab auch frisch gegrabene Erdnüsse, die geröstet und gesalzen viel besser schmecken als alles was man bei uns in den Tüten bekommt. In der Nähe von Burfut gibt es auch europäische Supermärkte, mit europäischen Preisen. Jedoch ist ein Einkauf für den normalen Gambier mit einem durchschnittlichen Monatseinkommen von etwa 50 Euro dort unerschwinglich.

Land & Leute

Gambia ist ein unglaublich gastfreundliches Land und wir mussten uns erst ein paar Tage an die ganze Höflichkeit gewöhnen. Bei unserem Projekt war das manchmal ein Problem, da die Arbeiter es einem nicht direkt sagten, wenn sie etwas ablehnten oder nicht verstanden hatten, da dies als unhöflich gilt.

Die Menschen in Gambia sind sehr religiös. Für das Gebet wird die Arbeit oder sogar der Schlaf unterbrochen. Wir wurden auch fast immer durch den Muezzin geweckt. Über 90% der Gambier sind muslimisch, deshalb sind Zweit- und Drittfrauen keine Seltenheit. So kann es vorkommen, dass es Familien mit bis zu 20 Kindern gibt. In Gambia ist die Hälfte der Bevölkerung unter 18 Jahren. Die Schule ist für die Grundfächer kostenlos, die Schuluniformen und Schreibmaterialien müssen von den Eltern gestellt werden, was sich mache Familien nicht leisten können. Dadurch kann so manches Kind nicht in die Schule gehen. Auch der Schulweg ist oft eine Herausforderung, deshalb trampen viele Kinder zur Schule.

In Gambia ist gefühlt jeder fußballbegeistert und zum Teil kennen die Leute die aktuellsten Bundesligaergebnisse. Fußball eignet sich immer als guter Gesprächseinstieg. Viele Männer und Jungen tagen Fußballtrikots, auch wenn diese teils stark verschlissen sind. Im Allgemeinen sind Kinder und Männer meist westlich gekleidet, die Frauen häufig afrikanisch. Die Rolle der Frau ist klassisch, sie kümmert sich um die Kinder und den Haushalt. Ich habe den Eindruck, dass besonders im Hinterland die Geschlechtertrennung tiefgreifend ist. Zum Beispiel essen in dem Compound, in dem wir untergebracht waren, Männer und Frauen getrennt.

Im Hinterland gibt es viele arbeitslose Männer, die den Tag totschlagen. Häufig versorgt ein Familienmitglied, das in Ballungsraum der Küste arbeitet, oder ein Verwandter aus Europa die ganze Großfamilie.

Ein großes Problem in Gambia ist der Müll. Es gibt keine Müllentsorgung und deshalb liegt überall Müll herum. Zum Teil wird er gesammelt und dann einfach verbrannt.

Klima & Vegetation

Der Februar war bereits der fünfte Monat der Trockenzeit. Die Gräser waren alle vertrocknet, die Bäume waren dank des Grundwassers grün. In Gambia gibt es keine dichten Wälder wie bei uns, jedoch gibt es viele kleine Gruppen von Bäumen. Besonders beeindruckend fand ich die riesigen Bäume mit mehreren Metern Durchmesser und die unglaubliche Häufigkeit von Mangobäumen.

Das Wetter war während unseres drei wöchigen Aufenthalts sonnig und tagsüber sehr warm mit Temperaturen um die 35 Grad im Schatten. Besonders im Hinterland, wo der angenehme Wind vom Atlantik fehlt und es noch um einige Grade wärmer ist, war es in den Mittagsstunden unerträglich heiß. Nachts und morgens wird es aufgrund des sandigen Bodens, der keine Wärme speichert, ziemlich kühl. Einmal konnten wir sogar einen kleinen Sandsturm, der an Nebel erinnerte, im Hinterland beobachten.

Besondere Erinnerung

Die Kinder in Sintet sind mir während unseres Aufenthalts besonders ans Herz gewachsen. Abends haben sie schon auf unsere Rückkehr von der Landwirtschaftsschule gewartet um mit uns Zeit zu verbringen. Zehn Kinder im Wohnzimmer waren keine Seltenheit. Die Kommunikation war kein Problem, da bereits in der Grundschule die offizielle Amtssprache Englisch unterrichtet wird. Besonders gerne erinnere ich mich an die Abende zurück, an denen wir zusammen mit den Kindern gemalt haben. Es war unglaublich, wie sich die Kleinen über Buntstifte und Papier gefreut haben.

Mein Aufenthalt in Gambia war nur kurz, dafür aber sehr intensiv. Bevor wir aufbrachen, wusste ich, was auf uns zukommt, aber selbst dort zu sein ist etwas ganz Anderes. Deshalb blieb auch ich nicht ganz verschont vor einem Kulturschock. Jedoch bezog sich dieser nicht nur auf die Lebensumstände, sondern vor allem auf die zwischenmenschlichen Beziehungen. Es ist ernüchternd, wie das ganze Leben in Gambia auf Geld ausgerichtet ist. Zum Beispiel sterben Menschen, wenn sie sich die medizinische Behandlung nicht leisten können, und Ehen werden nicht aus Liebe geschlossen, sondern arrangiert.

Im Rahmen des Projektes habe ich miterlebt, wie ein zweistöckiges Gebäude ohne Einsatz von elektrischen Maschinen errichtet wurde und wie einfallsreich die Arbeiter mit den wenigen Mitteln, die die ihnen zur Verfügung stehen, umgehen.

Gerne würde ich eines Tages wieder nach Gambia reisen, um meine neugewonnenen Freunde dort zu besuchen und um mehr vom Land zu sehen, wie zum Beispiel den Gambia River. Abschließend kann ich sagen, dass wir einen außergewöhnlichen Einblick in das Leben eines gambischen Stammes erhalten haben und trotz weniger Freizeit eine tolle Zeit in Gambia verbracht haben.

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