Prinzipien verantwortungsvoller Unternehmensgründung

Herzner, A. (2019): Prinzipien verantwortungsvoller Unternehmensgründung, UBB-White Paper No. 1, 4. Mai 2019 online zuerst verfügbar hier.

Hinführung

Innovationen sind immer gerne gesehen, sichern sie doch aus der Perspektive der (neo-) klassischen Ökonomie die Wettbewerbsfähigkeit. Auch aus der Perspektive der nachhaltigen Entwicklung sind Innovationen wünschenswert, um Dank Effizienzsteigerungen nicht nur einen volkswirtschaftlichen Nutzen, sondern auch einen ökologischen und sozialen Nutzen zu stiften. 

Innovationen werden ökonomisch dann als positiv bewertet, wenn sie am Markt bestehen, aber nachhaltig positiv sind sie aber nur, „…wenn alle drei Dimensionen, das heißt Ökonomie, Ökologie und Soziales bei der Entstehung von Innovationen berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass sich Innovationen im Kontext nachhaltiger Entwicklung am Markt erfolgreich durchsetzen müssen, aber auch die beiden anderen Dimensionen bei der Entwicklung von Innovationen zu berücksichtigen sind“ (Hauff, Kleine 2009: 41).

Dies bringt die Diskussion zu dem Ursprungsgedanken des wirtschaftlichen Handelns zurück, dass Gewinnerzielung unter ökologisch und sozial verträglichen Aspekten moralisch vertretbar ist (Herzner 2014) nicht aber der Gewinn auf Kosten der Gesellschaft und Umwelt. Da hilft es auch nicht weiter, wenn aus diesen Gewinnen dann im Rahmen von CSR-Maßnahmen Projekte für ökologische oder soziale Belange finanziert werden.

Unter diesem Aspekt heißt das folglich, dass Innovationen per se umwelt- und sozialverträglich gedacht werden müssen. Innovationen sollen einen ökologischen und gesellschaftlichen Mehrwert leisten. Spätere Kompensationsleistungen für die Problembehebung etc. können dadurch entfallen, Risiken werden minimiert, das Unternehmen legitimiert (Ruckert-John 2013).

Innovationen haben daher von Anfang an ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten gleichermaßen nachzukommen.

 

Nutzen nachhaltiger Innovationen

Nachhaltige Innovationen suchen nicht nur nach Lösungen für gesellschaftliche oder ökologische Probleme und Herausforderungen, sie können auch bei bestehenden Produkten Verbesserungen und Weiterentwicklungen hervorbringen. Aus unternehmerischer Perspektive ist vor allem das Potential an neuen Geschäftsmodellen bis hin zum Schaffen neuer Märkte als sehr profitabel zu erachten. Gerade für die vierte Stufe (neue Geschäftsmodelle) bietet sich das CANVA2S des Autors an, der bestehende Geschäftsmodelle weiter und neue Geschäftsmodelle entwickelt. 

Welches Potential in nachhaltigen Innovationen stecken zeigt die folgende Abbildung.

Abbildung 1 Fünf Stufen nachhaltiger Innovationen (Nidumolu et al. 2009, entnommen aus Horvath 2011)

Wie nachhaltige Innovationen finden?

In den fünf Stufen nachhaltiger Innovation haben es Bestandsunternehmen nicht unbedingt leichter, als Start-Ups. 

Während Bestandsunternehmen in einem zum Teil festgefahrenen Business-Case stecken, können Start-Ups von Anfang an disruptive Innovationen generieren und neue Märkte schaffen.

Als Business-Case wird definiert, „(…) was zu welchen Randbedingungen (Preis, Märkte, Technologien, Rendite) entwickelt und vermarktet werden soll. Zudem beinhaltet er eine Chancen-Risiken-Beurteilung über das Gesamtvorhaben“ (Gassmann, Sutter 2013: 43).

Das Geschäftsmodell beschreibt dabei auf rationaler Ebene, wie ein Unternehmen Wert schafft, liefert und sichert (Osterwalder 2010: 14).

Die Kunst ist dabei, aus einem Geschäftsmodell einen Business-Case zu generieren. Dies beantwortet aber nicht, wie Bestandsunternehmen und Start-Ups nachhaltige Innovationen generieren können. Grundlage dazu bieten die 17 Sustainable Development Goals, die die globalen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen adressieren. 

Ein Beispiel, wie Start-Ups dies aufgreifen können zeigt der folgende Zahnpasta- und Bürsten Hersteller. Dieser verzichtet auf Plastik im Produkt und der Verpackung und reformiert die Zahnpasta (auch ohne Mikroplastik). Auch die neue EU-Plastikverordnung regt zu Innovationen an und bietet z. B. bei einem Produkt wie Wattestäbchen auch zu Produktinnovationen (siehe Bild). Beide schaffen es damit immerhin auf die 3. Stufe einer nachhaltigen Innovation, lässt aber bereits ansatzweise erkennen, welche Innovationspotentiale in den Sustainable Development Goals liegen.

Nachhaltig Gründen mit den 10 Prinzipien verantwortungsvoller Start-Ups

Dienen die 17 SDGs als Ausgangsbasis zur Ideenfindung nachhaltiger Geschäftsmodelle, so sind grundsätzliche Prinzipien im Geschäftsalltag bereits mit der Gründung zu berücksichtigen. Die nachfolgenden Prinzipien bauen auf den 10 Prinzipien des UN Global Compact und den 6 UN PRME Prinzipien auf und fußen auf dem global anerkannten Leitbild der nachhaltigen Entwicklung sowie den Menschenrechten.

Zweck

Prinzip 1: Der Zweck des Unternehmens ist ein positiver Beitrag zu den sozialen, ökologischen oder wirtschaftlichen Herausforderungen. Die Geschäftsidee / das Geschäftsmodell greift Herausforderungen aus den 17 Sustainable Development Goals auf und unterstützt deren Realisierung.

Menschenrechte und Soziales:

Prinzip 2: Die Geschäftsidee / das Geschäftsmodell soll die internationalen Menschenrechte unterstützen und beachten.

Prinzip 3: Die Geschäftsidee / das Geschäftsmodell soll sicherstellen, dass es sich nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig macht / einen Beitrag zur Verbesserung von Menschenrechten leistet.

Prinzip 4: Zur Realisierung der Geschäftsidee sollen kein Formen von Zwangsarbeit eintreten – auch bei notwendigen Partnern und innerhalb der Wertschöpfungskette.

Prinzip 5: Unternehmen sollen für die Abschaffung von Kinderarbeit und menschenunwürdiger Arbeitsweisen eintreten. So soll zur Realisierung der Geschäftsidee Kinderarbeit und menschenunwürdige Arbeitsweisen ausgeschlossen sein.

Umweltschutz:

Prinzip 6: Die Geschäftsidee / das Geschäftsmodell soll im Umgang mit Umweltproblemen (Land, Wasser, Luft) dem Vorsorgeprinzip folgen, d. h. es sollen keine negativen Folgen für die Umwelt durch das Geschäftsmodell entstehen.

Prinzip 7: Die Geschäftsidee / das Geschäftsmodell soll dazu beitragen, ein stärkeres Umweltbewusstsein zu fördern.

Prinzip 8: Die Geschäftsidee / das Geschäftsmodell soll eine positive Entwicklung zum Umweltschutz beitragen, z. B. durch die beschleunigte Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher Technologien.

Governance:

Prinzip 9: Zur Realisierung der Geschäftsidee wird auf alle Formen von Bestechung und Korruption verzichtet und faire Geschäftspraktiken ausgeübt.

Prinzip 10: Das Unternehmen / Der/Die Unternehmer(in) folgt stets einem verantwortungsbewussten und fairen Umgang mit allen Stakeholdern.

 

Ausblick

Dieser Beitrag zeigt gerade an der Oberfläche, welche Potential in den Sustainable Development Goals für Unternehmen stecken. Diese Potentiale können nur dann auch im Sinne „echter“ Nachhaltigkeit genutzt werden, wenn die Prinzipien für verantwortungsvolle Geschäftsmodelle / Start-Ups berücksichtigt werden. Diese werden im nächsten Schritt normativ fundiert, sodass die etische Begründung nicht nur auf den UN Global Compact und UN PRME Prinzipien fusst. Es muss auch diskutiert werden, ob das auch hier zu Grunde gelegte Wirtschaftswachstum generell fortbestehen kann. Zwar ist bereits eine Abkehr von reinem gewinnorientiertem Wachstume zu erkennen, dennoch bietet dieser Beitrag keine Lösung an, wie Wirtschaft in einem Postwachstumszeitalter aussehen kann (Paech 2011, 2012). Gegebenenfalls ist auch dieser Ansatz unter solchen Parametern des Postwachstums nicht tragfähig. 

 

Literaturverzeichnis und weiterführende Literatur:

Gassmann, O.; Sutter, P. (2013): Praxiswissen Innovationsmanagement. Von der Idee zum Markterfolg. München: Hanser. 

Göbel, E. (2010): Unternehmensethik. Grundlagen und praktische Umsetzung. Stuttgart: UTB. 

Herzner, A. (2014). Die Frage nach dem Verhältnis von Nachhaltigkeit und Ökonomie. Weidener Diskussionspapiere, No. 46. 

Horvath, P. (2011). Controlling(12. vollst ed.). München: Vahlen. 

Nidumolu, R., Prahalad, C. K., & Rangaswami, M. R. (2009). Why Sustainability Is Now the Key Driver of Innovation. Harvard Business Review, 87(9), 56-64. 

Pauli, G. (2010): The Blue Economy. 10 Jahre 100 Innovationen 100 Millionen Jobs. Berlin: Konvergenta Publishing. 

Paech, N. (2011): Nachhaltiges Wirtschaften jenseits von Innovationsorientierung und Wachstum: Eine unternehmensbezogene Transformationstheorie. Metropolis. 

Paech, N. (2012): Befreiung vom Überfluss. Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie. München: oekom. 

Ruckert-John, J. (2013): Soziale Innovation und Nachhaltigkeit: Perspektiven sozialen Wandels (Innovation und Gesellschaft). Berlin: Springer.